Deutsche Videohoster – die Großen.

Vor einem halben Jahr hab ich mich in zwei Artikeln mit den deutschen Videohoster auseinander gesetzt. Eigentlich wollte ich nur kurz zusammentragen, was sich in Deutschland getan hat, aber die Entwicklungen sind zu vielseitig um sie mal eben schnell in einen Artikel zu packen deshalb startet jetzt eine kleine Serie. Den Anfang machen die „großen“ Videohoster, gefolgt von Speziallösungen, den „Kleinen“ und internationalen Angeboten für den deutschen Markt. Als Bonus gibt es dann zum Abschluss noch einen kleine Übersicht mit verwandten Anwendungen und Unternehmen aus Deutschland (wer hierfür noch einen Tipp hat immer her damit).

MyVideo

Nicht erst seit ProSiebenSat.1 30% an MyVideo erworben hat, wird die Seite gezielt zu einem Page-Impression-Monster aufgebaut. Im Januar lag die Seite mit 713.209.767 PIs bereits auf Platz 4 der IVW-Ausweisung. MyVideo gibt an, dass täglich 7 Millionen Videostreams abgerufen werden und 7000 neue Videos eingestellt werden, was dazu führt, dass sich mittlerweile über 570 000 Videos in der Datenbank befinden. (Die Nielsen-Zahlen gibt es in den Kommentaren bei Robert).

Ersteinmal beachtliche Zahlen, allerdings werden diese Zahlen nicht allein durch virales Wachstum erzielt sondern sie sind mit erheblichen Aufwendungen verbunden. Die massive On-Air-Promotion von MyVideo auf den Sendern der Gruppe gepaart mit Werbespots und der MyVideo-Show auf Sat.1 helfen sicherlich dem Traffic. Nebenenbei werden auch noch sämtliche Register der Onlinewerbung von Layerads bis hin zu Adwords gezogen.

Werbung von MyVideo und Clipfish

Nich so schön sind die Doorway-Pages video-hochladen.de und kostenloser-video-upload.de die auf organischen Suchtraffic ausgelegt sind und für die ebenfalls AdWords geschalten werden.

Die Fixierung auf Page-Impressions erklärt sich natürlich sehr einfach anhand der Display-Werbung, die bei MyVideo sehr ausgeprägt eingesetzt wird. Außer der Schaltung von Werbung hat sich bei MyVideo nicht sonderlich viel getan: Man hat ein wenig bei Sevenload geklaut und bietet Specials an und außerdem wurde bei YouTube aufgepasst und schnell einen Deal mit den SonyBMG gesichert um Musikvideos zu zeigen. Ansonsten ist mir nur aufgefallen, dass es immer noch einige Videos mit fehlerhaften Meta-Daten gibt, bei denen deshalb der Player die Abspielzeit und das Spulen verweigert.

Sevenload

Bei Sevenload verhält es sich etwas anders als bei MyVideo oder Clipsfish. Ohne einen großen Medienkonzern im Rücken ist man auf virale Kommunikation, organischen Suchtraffic und Blogs angewiesen um User und Abpsiele zu bekommen. Das hat bis jetzt ganz gut funktioniert und spannend wird es sobald die 15 Millionen Euro Werbeleistung von Ströer eingesetzt werden um die Plattform jenseits der klassischen Sevenload-Nutzer bekannt zu machen.

Ich konnte leider bis zum „Redaktionsschluss“;-) keine aktuellen Zahlen von Sevenload erfahren, die werden gerade ziemlich unter Strom stehen … ist jedoch nicht weiter schlimm, da die Auswertung auch ohne geht (s.u.).

Bei Sevenload hat sich in den letzten Monaten natürlich technologisch einiges getan. Das wichtigste in meinen Augen ist der gezielte Ausbau der Specials. Leider wurden mache Specials etwas überhastet eingeführt und fühlen sich so eher nach einem „me-too“ an.

Neben den Specials ist der gebrandete Player für den professionellen Einsatz ein weiterer wichtiger Schritt. Er erlaubt es Unternehmen eine einfache und günstige Whitelabellösung zu nutzen ohne sich groß mit Technik oder Hosting zu beschäftigen. Nebenbei wurde noch ein Sevenload-Wii-Portal aufgesetzt und die URLs auf sevenload.com umgestellt um der Internationalisierung der Plattform Nachdruck zu verleihen und wohl auch um mehr Traffic auf einer Domain zu vereinen.

Clipfish

Prinzipiell kann man Clipfish als den kleinen Bruder von MyVideo sehen, denn es gibt viele Parallelen. Für Clipfish wurde zwar mittlerweile eine eigene GmbH gegründet, das änder jedoch nichts daran, dass Clipfish immer noch eine RTL-Tochtergesellschaft ist. Wie es sich für eine sorgende Mutter gehört, schaltet RTL fleißig Clipfish-Werbung auf den verschiedenen Sendern und verknüpft jede Nachricht über YouTube oder das Internet gekonnt mit Clipfish, was zum Teil viel Kreativität erfordert.

Laut den Mediadaten (pdf) verzeichnet Clipfish bis zu 6,5 Mio Videoabrufe pro Tag (das war wohl ein sehr guter Tag) und hat über 4 Millionen Unique Clients (was auch immer das wieder ist) pro Monat. Im Archiv befinden sich zur Zeit ca. 120 000 Videos.

Auf dieser Basis bietet Clipfish seine Werbeleistungen an, die sich von denen bei MyVideo unterscheiden. Clipfish setzt auf ein Post-Roll-Banner im Videoplayer gepaart mit der Möglichkeit für Werbetreibende eigene Spots durch Banner und Hervorhebungen zu Promoten.

Man muss Clipfish zugute halten, dass ihnen die Intergration mit dem Fernsehen besser gelingt als MyVideo. Die Stategie bei Clipfish sieht nicht unbeding so aus, dass die Videos ins Fernsehen kommen, sondern viel mehr, dass das Fernsehen als Video zu Clipfish kommt. Natürlich hat RTL mit DSDS und Big Brother auch die „passenden“ Formate dafür. Wie komm ich da nur auf die Idee zu behaupten, dass Big Brother der Untergang von YouTube sein wird? Neben dieser Integration gibt es noch Talents-Wettbewerbe in den Kategorien „Acting“, „Lip-Sync“ und „Music“. Technologische Neuerungen konnte ich keine nennenswerten entdecken.

Analyse und Vergleich

Eine Warnung vorweg: Auch wenn nackte Zahlen gern dazu verleiten etwas als Fakt zu sehen, bitte ich die hier genannten Zahlen als Trends zu sehen. Ich weiß sehr genau, wie einfach es ist diese Zahlen zu Manipulieren, und dass diese Zahlen noch lange keine kompletten Abspiele bedeuten. Oder glaubt wirklich jemand, dass mein Video über 8000 Mal gesehen wurde?

Um die Plattformen miteinander zu Vergleichen habe ich die frei zugänglichen Daten der Videohoster ausgewertet (Aufrufe, Dauer und Anzahl der Kommentare). Untersucht wurden die „meist gesehen“ Toplisten und daraus jeweils die Video mit folgenden Positionen 1-60, 101-120, 201-220, 301-320, 401-420 und 481-500. Die Verteilung der Abspiele auf den verschiedenen Plattformen ergibt folgende Grafik:

Videoabrufe auf Sevenload, MyVideo und Clipfish

In der Summe wurden die 160 ausgewerteten Videos auf MyVideo ca. 83.9 Millionen, auf Sevenload ca. 33,8 Millionen und auf Clipfish ca. 26.4 Millionen Mal abgespielt. Das Interessante an der Verteilung ist, dass bei Sevenload die Kurve nur sehr langsam sinkt während sie bei Clipfish sehr rapide abnimmt (Sevenload überholt Clipfish bei Video #30). MyVideo profitiert noch vom Fat-Belly und kann seinen Vorsprung bis zur #313 halten, wird dann jedoch ebenfalls von Sevenload überholt.

Es zeigt sich also, dass die Verteilung der Zuschauer auf die Videos bei Sevenload um ein vielfaches homogener ist (deshalb auch sehr kleine Treppen in der Grafik) als bei Clipfish oder MyVideo. Ich denke einer der Hauptgründe für diese Verteilung liegt in der massiven Werbung der beiden Plattformen, die so nur flüchtigen Traffic erhalten, der sich meist an Toplisten orientiert, die wiederum als selbsterfüllende Prophezeihungen fungieren. Somit sind die Plattformen in einer selbstreferenziellen Falle.

Sevenload wiederum profitiert wohl von der Popularität unter den Bloggern und der gezielten Optimierung auf Suchmaschinen, die jeweils dafür sorgen, dass der Traffic „gerechter“ verteilt wird. Dieser Zustand ist jedoch nicht nur Positiv. Sevenload leidet darunter, dass die Unterhaltung zu den Videos auf externen Seiten stattfindt. Die Plattform wird deshalb nicht so sehr zur Kommunikation genutzt, wie dies bei Clipfish oder MyVideo der Fall ist. Bei Sevenload gibt es einen Kommentar je 70 000 Abrufe im Vergleich zu MyVideo (585:1) und Clipfish (840:1) ist dieser Wert erschreckend.

Dafür kann Sevenload wieder bei der Videolänge punkten. Die durchschnittliche Dauer der 160 Videos liegt bei Sevenload bei 2min 12s, MyVideo bringt es auf 1min 48s und Clipfish gerade einmal auf 1min 30s.

Was wird gezeigt?

Zu guter Letzt habe ich mir jeweils die Top 50 Videos angesehen und sie in die Kategorien Erotik (viel nackte Haut), Mashup (Zusammenschnitt mit eigenem Beitrag), Musikvideo (auch Performance), TV (alles aus dem Fernsehen z.B. Fussballmitschnitte), UGC (von Usern erstellte Aufnahmen, Lip-Sync, Handy-Kamera …), Prosumer (semi-professionelle Inhalte, Animationen, Videoblogs) und Werbung (Werbespots, die mal im Fernsehen liefen …) eingeteilt. Die Verteilung auf die Kategorien sieh wie folgt aus:

Inhalte in den Top 50.

Erstaunt war ich über den hohen Erotik-Anteil bei Sevenload, was jedoch nicht heißt, dass es bei den anderen weniger Erotik gibt sondern nur, dass sie es dort nicht so hoch in der Topliste geschafft hat. TV und Werbung machen in jedem Fall mindestens ein Drittel der Videos aus, womit die Bedeutung der Fernsehinhalte für die Plattformen nochmals unterstrichen wird. Ansonsten zeigt die Verteilung ganz nett in welche Richtung der Geschmack der jeweiligen Nutzer geht.

Fazit

Während MyVideo und Clipfish in der Spitze punkten, liegen die Vorteile von Sevenload in der Breite und an den Rändern. Ich denke das Rennen um den deutschen Internetvideomarkt wurde gerade erst eröffnet und es wird interessant zu sehen, was passiert, wenn RTL und ProSiebenSat.1 mal keine Lust mehr haben ihre Portale durch massives Marketing zu pushen oder Sevenload ähnlich massiv wirbt.

Als Filmemacher sollte man gut abwägen welche Plattform man wählt. Auf Sevenload kann man fast mit Sicherheit einen ordentlichen Zuschauerschnitt erreichen, wohingegen MyVideo für Virale-Hits um einiges besser geeignet ist. Clipfish ist für mich die schlechteste Umgebung für ein Video, da man dort mit unmengen an TV-Inhalten konkurriert. Einzige Außnahme dürfte die Teilnahme an einem der Wettbewerbe sein.


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