Videowerbung in User-Generated-Videos? Eine Alternative.

Die Werbeindustrie in den USA beklagt sich mal wieder über das fehlende Inventar an Videos um die geworben werden kann und prangert gleichzeitig die Fragmentation des Marktes an. Während beides sicherlich valide Argumente sind, stell sich die Industrie eine Frage nicht: Ist Videowerbung in Verbindung mit Internet-Videos überhaupt sinnvoll? Und noch viel wichtiger: Ist sie effektiver als Videowerbung, die nicht in Verbindung mit Internet-Videos gezeigt wird?

In diesem Artikel werde ich versuchen diese Fragen zuende zu denken, Alternativen aufzeigen und erklären warum ich glaube, dass Webseiten besser als Träger für Videowerbung geeignet sind als Videos. Anschließend werde ich ein Video-Netzwerk skizzieren, dass meinem geheimnisvollen Geschäftsmodell folgt und Umsätze an den Rändern realisiert – in dem somit jede Interaktion mit einer finanziellen Transaktion verbunden ist. Zu guter Letzt gibt es noch ein paar Beispiele für den Einsatz eines solchen Netzwerks.

Videowerbung als Inventar

Die Klage der Werbeindustrie geht meiner Ansicht nach in die falsche Richtung, da es nicht darum geht mehr Video-Inventar für Werbung nutzbar zu machen sondern viel mehr darum Werbung als Inventar zu vermarkten. Der große Verdienst der Videohoster ist es, dass Inhalte aus ihren alten festen Strukturen gelöst wurden. Das gilt auch für Werbung, die nicht mehr an den Werbeblock auf einem bestimmten Kanal gebunden ist.

Das Vertrauen, dass diese Werbung auch ohne den programmlichen Kontext des Fernsehens existieren und funktionieren kann, ist jedoch noch nicht sonderlich groß, weshalb zwanghaft versucht wird einen neuen Kontex (in diesem Fall Internet- und User-Generated-Videos) zu finden. Im Prinzip soll das Rad zurück gedreht werden.

Daraus ergeben sich enorme Probleme:

  • Pre-Rolls sind die Pop-Ups der Videowerbung. User entscheiden innerhalb von fünf Sekunden ob sie ein Video sehen wollen oder nicht. Selbst ein drei sekündiger Pre-Roll-Spot ist in diesem Fall viel zu lang.
  • Mid- und Post-Rolls sind ineffektiv, weil die typische Verteilung der Abbrüche einen Saddle-Graph bildet. Das heißt über 60% der User brechen ein Video noch vor der Hälfte ab. Bis zu den Mid- und Post-Rolls kommen die wenigsten.
  • Die sinnvolle Verbindungen von Werbung und Video ist schwierig. Die Werbetreibenden wollen für ihre Werbung natürlich ein gutes Umfeld. Am besten keine Pranks und erst recht keine beleidigenden Videos. Mit diesen und weiteren Anforderungen wird es schwierig passende Videos für die Werbung zu finden. Der Videohoster muss also zuerst Filtern, bevor er Werbung einbinden kann. Dieser Vorgang ist sehr Zeitaufwendig. Es gibt zwar Bestrebungen ihn über Tag-Ads teilweise zu automatisieren, aber die obigen beiden Probleme werden dadurch noch nicht gelöst.
  • Fehlende Werbespots der Werbetreibenden. Können die Werbetreibenden wirklich soviele Werbspots liefern, dass die Zuschauer bei hunderten Millionen täglichen Videostreams nicht immer wieder dieselben Werbespots sehen (müssen)? Im Prinzip müsste die Produktion von Werbespots sich analog zur Produktion von Internetvideos entwickeln. Bis jetzt habe ich jedoch noch nichts darüber gelesen, dass die großen Werbetreibenden sehr viel mehr Werbung drehen lassen.

Wir haben also ein Problem mit fehlendem Inventar auf beiden Seiten. Auf der einen Seite können die Werbetreibenden nicht soviele Zuschauer für ihre Werbung buchen, wie sie gerne hätten. Auf der anderen Seite könnten sie jedoch auch nicht soviel Videowerbung liefern, wie die Seiten bei voller Auslastung bräuchten.

Videowerbung als Inventar

Eine Lösung für dieses Problem wäre es Videowerbung in Form von Inventar auf den Videoseiten frei zugänglich zu machen. Das geschieht bereits in Form von viralen Werbeclips, die auf allen Videoplattformen zu finden sind. Diese Werbeform ist natürlich sehr begehrt und wird oftmals schon als die Lösung vieler Probleme gesehen. Allerdings bleibt in unerem Zusammenhang zu beachten, dass (1) virale Werbung kein selbstläufer ist. (2) Die Herstellung dieser Werbung mit Sicherheit teurer ist als die Produktion eines 0815 Spots. (3) Der Markt mit jeder Erfolgsgeschicht (Dove) härter umkämpft wird und (4) das Seeding der Werbung professionell betreut werden muss. (5) Virale Werbung kommt nicht für jedes Produkt/jede Marke in Frage und (6) der Erfolg kann nicht unbedingt garantiert werden.

Es bietet sich als Werbetreibender zwar an zuerst die viralen Möglichkeiten abzuschätzen, aber falls eine virale Kampagne aus welchen Gründen auch immer nicht zustande kommt braucht es ein System, das klassische Werbung als Inventar nutzbar macht.

Bezahlen für Zuschauer

Wenn also Werbung nicht wegen viraler Effekte oder aufgrund ihrer guten Machart gesehen wird und sie auch nicht mit anderen Videos als Bündel ausgeliefert wird, wie bekommt man dann Zuschauer für die Videowerbung? Ganz einfach man nimmt das alte Prinzip und bezahlt für die Zuschauer.

Will man seiner Videowerbung gegen Geld mehr Zuschauer verschaffen gibt es dafür zur Zeit zwei Möglichkeiten: 1. Man bucht z.B. bei Google eine Video-Ad oder bei einem der anderen Werbedienstleister eine Rich-Media-Anzeige, die auch ein Video enthalten kann. 2. Man bucht eine gute Platzierung auf einer der Videohosting-Seiten. Bei Clipfish zahlt man z.B. 5000 Euro für eine Woche oben rechts auf der Startseite, wobei jedoch keine Zuschauerzahlen garantiert werden.

Das sind natürlich zwei nette Möglichkeiten, jedoch werden durch die geschlossenen Systeme noch nicht die Zuschauerzahlen erreicht, die gefordert werden. Außerdem machen Google und die Werbedienstleister die Videowerbung in keiner Form als Inventar nutzbar. Ein verteiltes Netzwerk ist mit keinem der Dienste realisierbar und der fehlenden Masse an Werbespots wird auch nicht begegnet.

Videowerbung im Netzwerk

In meinen Augen sind die Embed-Player der Videohoster die perfekten Kontainer für Videowerbung. Die Macht der Embed-Player hat der rasante Aufstieg von YouTube eindruckvoll bewiesen. Letzten Endes ist ein Play-Button immer ein enormer Anreiz vor allem dann, wenn er an einer unerwarteten Stelle auf einen wartet. Aus diesem Grund und um den Beitrag nicht noch länger zu machen nehme ich als Grundlage für das Netzwerk die fundamentalen Funktionen eines Videohosters als gegeben an.

Folgende Funktionen sind zusätzlich zu integrieren um das Netzwerk zum Leben zu erwecken:

  • Integration von Produktion über Abspiel bis zur Abrechnung. Das Netzwerk umfasst nicht nur die Auslieferung von Videowerbung sondern stellt kleinen Produzenten Werkzeuge zur Verfügung um eigene Werbeclips zu produzieren.
  • Plattform für lokale Filmemacher, Kameramänner und Bands. Die Werbetreibenden können gegen enstrechende Lizenzgebühren auf Musik, Archivmaterial, Footage und andere Ressourcen für die Produktion ihrer Webrung zurückgreifen. Auf Wunsch stellt die Plattform auch den direkten Kontakt zu Dienstleistern her, die den Dreh eines Werbspots übernehmen.
  • Werbung kann direkt hochgeladen und mit wenigen Klicks gebucht werden. Die Buchung von Werbung darf nicht schwieriger sein als AdWords zu kaufen.
  • Die Plattform muss über eine API ihre Videowerbung syndizieren. Um möglichst viele Zuschauer zu generieren sollte die Plattform so angelegt sein, dass z.B. Videohoster sich Videowerbung für ihre Such-, Tag- und Startseite per API holen und in ihrem Design und Player anbieten können.
  • Kleine Publisher können Videowerbung über Embeds-Abrufen. Blogs und andere kleinere Seiten müssen die Werbung nicht über die API holen sondern bekommen eine ID mit deren Hilfe sie die Werbung wie ein normales Video einbinden können. Dabei kann zwischen einem Channel (ließt Werbung nach Keywords aus) und einer bestimmten Werbung gewählt werden.
  • Das Netwerk verfügt über ein umfassendes Reporting und Accounting. Der ganze Spass muss natürlich statistisch erfasst, verrechnet und bezahlt werden.

Dieses System löst die Inventarprobleme, da für kleine Unternehmen eine einfache Möglichkeit geschaffen wird Videowerbung zu schalten und gleichzeitig kleine Publisher und große Videohoster integriert werden, die eine ausreichend große Verbreitung der Werbung garantieren. Ganz nebenbei hilft das Netzwerk den Videohostern ihre Seiten zu Monetarisieren indem sie Werbung als Inventar integrieren und nicht auf störende Pre-/Mid-/Post-Rolls zurückzugreifen müssen.

Mögliche Anwendungen

Noch ein paar Beispiele um die Einsatzmöglichkeiten zu verdeutlichen:

Kleine Publisher, die auf ihren Seiten Werbung schalten könnten in Zukunft auch Videowerbung einbinden. Robert hat ein Mac Book getestet. Zur gleichen Zeit liefen auf Spiegel Online Apple Spots als Rich-Media-Video-Anzeige. Diese Spots hätten wunderbar auch in Robterts Blog unter die Artikel gepasst, nur leider hatte er keine Möglichkeit die Werbung einzubinden.

Branded Entertainment wird für viele Marken immer wichtiger und obwohl ich der Meinung bin, dass Horst Schlämmer eigentlich keinen zusätzlichen Buzz mehr braucht, schalten die Verantwortlichen Banner für das Videoblog. Wäre es nicht sinnvoller Videos zu schalten?
Schlämmer Banner vs. Videowerbung

Kleine Werbetreibende/Filmemacher, die sich kein professionelles Seeding für ihre virale Kampagne leisten können, aber trotzdem von den Qualitäten ihres Spots überzeugt sind, können sich über das beschriebene Netzwerk die kritische Masse an Zuschauern kaufen.

Lokale Unternehmen können sich in einem guten Licht präsentieren. Videowerbung und Qype würden sich schön ergänzen.

Sollte es tatsächlich gelingen über die API genügen Videohoster unter einen Hut zu bekommen, wird der Dienst für die große Werbetreibenden sehr interessant, da sie dann endlich Millionen Zuschauern buchen können.


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