Werbung und User-Generated Videos brauchen ein Werbenetzwerk 2.0

Die Werbebranche muss mit der Medienbranche gleichzeihen und ihre Kompetenzen an den Rand, hin zum User verlagern. Dieser extrem lange Beitrag erklärt die Gründe und Vorteile eines solchen Schritts und versucht ein neues Werbenetzwerk zu skizzieren, das diesen Anforderungen gerecht wird.

Momentan kommt es einem so als ob die Werbenetzwerke nur so aus dem Boden schießen. Es gibt für Blogs und Videos unzählige Beispiele für neuer Netzwerke, die alle das Publikum noch klarer Umreißen, dem Werbenden noch bessere Möglichkeiten eröffnen und natürlich dem Produzenten noch mehr Geld und einen noch größeren Anteil am Umsatz versprechen.

Die Probleme der Werbenetzwerke

Nur leider funktionieren diese Modelle nicht für die Großzahl der Videos, die bei den Videohostern zu sehen sind. Selbst die Werbenetzwerke, die von den Videohostern selbst aufgebaut werden funktionieren nicht wirklich. Natürlich kommt nun gleich die Argumentation, dass man bei Revver $30 000 mit einem kleinen Video verdienen kann aber genau dieses Beispiel zeigt, wie schlecht, das Modell funktioniert. Der Mentosclip bei Revver, der seinen Produzenten und Revver je $30 000 einbrachte war für Mentos eine einmalige Imagekampagne. Revver kann jedoch Imagekampagnen nicht abrechnen. Alles, was bei Revver zählt sind Klicks – in diesem Fall nutzlos und irrelevant, denn kein Mensch bestellt Mentos online beim Hersteller. Das heißt bei Revver korreliert die Werbung nicht mit der Bezahlung, was in diesem Fall einen enormen Vorteil für Mentos bedeutete.
Damit die schier endlose Anzahl an Videos sinnvoll vermarktet werden kann braucht es ein rießiges Sales-Team, das Content sichtet, Werbeplätze und Preise festlegt und schließlich versucht diese an die Werbetreiben zu verkaufen. Solche Team sind nicht wirtschaftlich und werden meist, wie bei Revver durch Algorithmen ersetzt. Der Produzent legt Tags für seine Clips fest und die Werbetreibenden kaufen Werbung für entsprechende Themen; ein paar Stars werden dann vielleicht noch direkt vermarktet. Durch dieses Vorgehen leidet jedoch die Relevanz der Werbung, das Targeting und die Bezahlung. Relevante und anspruchvolle Werbung sind eine Grundvorraussetzung um erfolgreich im Umfeld von User-Generated Videos zu werben.

Ein Soziales-Werbenetzwerk

Ein Sale-Team oder ein Algorithmus sind keine vernünftige Strategie um User-Generated-Video zu vermarkten. Es muss ein Umdenken stattfinden hin zu einem Sozialen-Werbenetzwerk. Es ist nicht mehr so, dass die Werbetreibenden um einen sehr beschränkten Werbeplatz kämpfen müssen. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass es momentan genügend Werbung für alle YouTube-, Sevenload-, Google Video- usw. Videos gibt. Das bedeutet, dass zur Zeit die Preise für Werbung in diesem Umfeld noch recht gering sind. Die Produzenten müssen für die Werbung in ihrem Werk kämpfen.

Der erste Schritt zur Lösung dieser Probleme ist einen Marktplatz zu schaffen, der nach umgekehrten Mechanismen funktioniert. Werbung wird nicht mehr zu bestimmten Inhalt gebucht, sondern Inhalte werden zu Werbung gebucht. Auf dem Marktplatz bieten die Werbenden ihre Botschaften an, der Produzent sucht sich die für sein Video passende aus und plaziert die Werbung.
Existiert ein solcher Mechnismus wird es auch für kleinere Werbetreibende interessant um User-Generated-Videos zu werben, da sie nicht mehr jeden Spot einzeln buchen müssen. Der durchschnittliche AdWords Kunde bucht ein Keyword und nicht jede einzelne Seite auf der er seine Werbung sehen möchte, ähnliches geschieht nun auch bei Videos. Der Marktplatz für Werbung in Verbindung mit Videos wird dadurch demokratisiert und die Preise steigen aufgrund der erhöhten Nachfrage wieder. Idealserweise werben zum Schluss die Großen neben den Kleinen und allein das Budget für die Werbebotschaft entscheidet über die Platzierung.

Was heißt das Konkret? Der Marktplatz für Werbung im Umfeld von User-Generated Videos darf nicht so aufgebaut sein, dass die Werbetreibenden einen speziellen Werbeplatz buchen, sie buchen nichtmal ein Keyword oder ähnliches. In Zukunft bieten die Werbetreibenden ihre Werbung an, sie legen einen Preis, eine Abrechnungsart (CPA, CPM, CPC …), den Inhalt, das Budget und die Werbeform fest, dazu kommt noch die Intention des Werbenden (Markenbildung, Verkaufsförderung …). Zusätzlich dazu stellen sie dem Produzenten, die für diese Werbung benötigten Materialien (Logo, Werbespot) zur Verfügung.
Ein Beispiel wäre Werbung für einen kleinen Webhoster: Er möchte eine Nennung plus Logoeinblendung in einem Videoblogbeitrag, abgerechnet wird über Cost per Action, der Videoblogger erhält dann für jeden neuen Kunden (identifiziert über einen Gutscheincode) z.B. 10 Euro.
Ein komplexeres Beispiel wäre ein großer Autohersteller, der gern einen 15s Werbespot in Skatevideos platziert hätte. Abgerechnet wird nach einem Tausender-Konakt-Preis von 7 Euro.

Es gibt bereits einen ersten Ansatz für diese Art der Vermarktung bei Blogs. Der Dienst Pay-per-Post listet Blogautoren Themen mit einem Preis auf. Werden die Themen in einem Beitrag behandelt und ist dieser für eine bestimmte Zeit online wird der Preis an den Autor bezahlt. Die Richtung stimmt, was nicht stimmt und wofür die Macher auch zurecht viel Einstecken mussten ist, dass bei Pay-per-Post inhaltliche Vorgaben für einen Beitrag gemacht werden. Das darf auf keinen Fall geschehen. Das Netzwerk muss zwischen Produzenten und Werbenden vermitteln und es vermittelt Werbung (allerhöchstens noch ein Sponsoring) und keine Inhalte.

Natürlich erfordert diese Art der Werbeplatzierung verantwortungsbewusste Produzenten, die für sich entscheiden müssen, welche Werbung für sie Sinn macht und ob diese überhaupt zu ihrem Inhalt passt. Und natürlich bedeutet dies auch, dass man manchmal eine Gelegenheit auslassen muss.

Die Werbung folgt den Medien

Die Entwicklung weg von zentralisierten Märkten hin zu den Rändern und den Produzenten und Konsumenten ist bei den Medien schon längst im Gange. Nicht umsonst predigen Medienökonomen schon seit Jahren die „Edge Competencies„. Bisher konnten die Werbenden dieser Entwicklung noch entgehen, weil sich andere für sie den Kopf zerbrochen haben – immerhin liefern die Werber das Geld. Dieser Ansatz wird in kürze überholt sein, denn die Werber müssen einsehen, wenn sie ihr Geld sinnvoll anlegen wollen und vor allem, wenn sie weiterhin die gesamte Bevölkerung erreichen wollen, darf die Werbung nicht mehr zentralisiert sein. Sie muss sich dorthin begeben, wo bereits ganze Bevölkerungsschichten sind.

Den Werbern stehen jetzt natürlich die Nackenhaare zu Berge, denn was passiert, wenn sie nicht mehr die Kontrolle haben? Ist das Ergebnis, der oben genannten Autokampagne, ein Video mit Skatern, die sich besaufen und in vulgärer Sprache rumpöpeln und mittendrin ein Werbespot für ein neues Auto?
Nein, das Werbenetzwerk reguliert die neuen Mechanismen der Werbung. Es ist neben der Plattform für Angebot und Nachfrage auch die kontrollierende Instanz. Die Werbung wird eben nicht mehr von der mit der Markenführung beauftragen Agentur kontrolliert, sondern von einem komplexen Netzwerk, denn wer weiß besser wohin eine Marke gehen muss als ein großes Panel aus engagierten Konsumenten.

Das Werbenetzwerk 2.0

  • Das Werbenetzwerk 2.0 basiert komplett auf Einladungen. Neue Produzenten können nur teilnehmen, wenn sie von einem exisitierenden Mitglied eingeladen wurden.
  • Die Beziehungen zwischen den einzelnen Produzenten sind gewichtet. Jeder Produzent ist für die von ihm eingeladenen User verantwortlich. Es zählt nicht mehr die Anzahl der Freunde sondern die Qualität.
  • Alle Aktionen im Netzwerk tragen zum Status bei. Die Produzenten können sowohl belohnt als auch bestraft werden.
  • Es gibt ein Vier-Augen Prinzip. Jede plazierte Werbung muss einem anderen (zufällig ausgewählten) Produzenten vorgelegt werden. Gibt dieser sein OK ist er dafür verantwortlich. Geht eine Beschwerde ein werden der Produzente, der Kontrolleur sowie in geringerem Maß die jeweiligen Einlader bestraft/abgewertet.
  • Je höher der Status, desto bessere Angebote erhalten die Produzenten (höhere CPMs usw.). Die Werbetreibenden können für ihre Kampagnen eine Statusgrenze festlegen, ab der die Werbung plaziert werden darf.
  • Jede angenommene Werbung wird sowohl vom Produzenten als auch vom Werbenden bewertet. Beim Produzenten fließt die erhaltene Bewertung in seinen Status ein, beim Werbenden beeiflusst es die zukünftigen Preise, die er zahlen muss (je schlechter er bewertet wird umso höhere Preise muss er zukünftig für die selbe Leistung zahlen).
  • Die Werbung wird im Video plaziert und muss in allen Verbreitungsformen des Videos enthalten sein. Das Werbenetzwerk beschränkt sich nicht auf einen Videohoster oder eine Seite. Das Netzwerk ist vorgeschlatet und die Werbung wird in der ursprünglichen Version plaziert, das heißt egal wohin das Video anschließend geht, die Werbung kommt mit.

Die Probleme

Die größten Probleme für ein entsprechendes Werbenetzwerk dürften das Tracking und die Buchungen sein. Wird für eine Kampagne ein Budget von 10 000 Euro und ein CPM von 10 Euro festgelegt möchte der Werbende eine Million Zuschauer für seinen Spot. Nur die wenigsten Produzenten können eine solche Zuschauerschaft garantieren, das Angebot geht also an mehrere Produzenten, die dann alle zusammen auf die eine Million Zuschauer kommen. Das Problem ist nun, ab welchem Zeitpunkt wird die Kampagne aus dem Angebot genommen, damit sie genau ein Million Zuschauer erhält? Ein Verzwicktes Problem und das Tracking ist das nächste.

Die Werbung muss im original Clip plaziert werden und der Produzent kann anschließend frei entschieden, wo er sein Video zeigen möchte. Das eröffnet den Produzenten ein größeres Publikum und sie müssen kein Angst mehr haben, dass ihnen Einnahmen verloren gehen, was z.B. der Fall ist wenn Revver Videos bei YouTube landen. Das Problem hier ist jedoch, wie erhält das Werbenetzwerk zuverlässige Zahlen der Abspiele? Eine Antwort wäre die Kooperation mit so vielen Videohostern, wie möglich. Läd ein Produzent sein mit Werbung versehenes Video bei YouTube oder Sevenload hoch kann er dort einen Trackingcode angeben, mit dessen Hilfe die Abspiele erfasst und ans Werbenetzwerk 2.0 übermittelt werden. Am Ende profitieren alle Beteiligten: der Produzent und die Werbenden, weil ein größeres Publikum erreicht wird, die Videohoster, weil sie einen Anteil der Einnahmen bekommen und das Werbenetzwerk, weil es Plattformunabhängig ist.

Bei den Problemen bleibt noch die Frage ob das Filtersystem mit dem Vier-Augen-Prinzip und den Belohungen und Bestrafungen wirklich dazu führt, dass Werbung und Video zusammen passen und es keine Probleme gibt. Das ist wohl das verbleibende Restrisiko wobei zu bedenken ist, dass die meisten Gesellschaften auch auf nichts anderem als auf Belohnungen und Sanktionen basieren.

Die Chance

Das Werbenetzwerk 2.0 wird den jetzigen Gegebenheiten um einiges mehr gerecht, als die existierenden Werbenetzwerke. Es sollte möglich sein relevantere Werbung und vor allem auch mehr Werbung an User-Generated Videos anzubinden. Dadurch, dass ein Großteil der Arbeit durch die Community übernommen wird, sind die Kosten gering und der vom Netzwerk einbehaltene Prozentsatz an den Werbeumsätzen hält sich in engen Grenzen. Läuft das Netzwerk ersteinmal ergeben sich aufgrund des Statuses vor allem für gute Produzenten um einiges bessere Vermarktungschancen. Gerade diese Produzenten dürften sich über deutlich höhere CPMs wie die $5 von Metacafe oder die duchschnittlichen $10 von Revver freuen. Auch die Werbetreibenden profitieren, denn sie erhalten die Möglichkeit ein Publikum zu erreichen, dass sie sonst nur sehr schwer zu fassen bekommen und das schöne dabei ist, sie müssen einfach nur loslassen.

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