Filmdownloads und VoD brauchen einen Standard

Der eskalierte Streit zwischen NBC und Apple zeigt deutlich wo Probleme bei Filmdownloads und Video on Demand (VoD) Angeboten liegen. Auf der einen Seite Apple mit Steve Jobs, der wohl nur in 99-Cent-Läden einkauft und unterschiedliche Preise für sehr verwirrend hält. Auf der anderen Seite die beleidigte Filmindustrie vertreten durch NBC Universal. Die Haltung beider Seiten in diesem Streit ist unverständlich und der an sich simple Vorgang – NBC verlangt mehr für bestimmte Serien und Apple ist nicht bereit diesen Preis zu bezahlen – wird unnötig mit Grundsatzkritik, Piraterievorwürfen und Preistreiberei aufgeladen.

Doch dieses Vorgehen ist typisch. Sieht man sich die noch junge Geschichte der Filmdownloads an, ist es eine Anhäufung von teuren Missverständnissen, Fehlschlägen und falschen Einschätzungen und Erwartungen.

Man hätte eigentlich annehmen können, dass gerade das viel zitierte Beispiel Musikindustrie der Branche eine Lehre gewesen wäre und man daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat. Doch dagegen spricht, dass es (noch) kein abgeschlossenes Beispiel Musikindustrie gibt. Musikdownloads befinden sich immer noch in einer Findungsphase und die Prozesse sind auch dort noch nicht vollständig definiert. Erst nach und nach entwickelt sich der Standard für legale Musikdownloads und der ist ironischerweise identisch mit dem bereits seit langem etablierte Standard der illegalen Downloads: MP3s ohne Kopierschutz oder sonstiges Digital Rights Management angeboten in Stores von Wal-Mart bis iTunes.

Das Beispiel DVD

Anstatt sich also auf ein noch nicht ausgereiftes Modell zu verlassen, bietet es sich viel mehr an einen der bisher größten Coups der Filmindustrie zu analysieren: die DVD. Der Erfolg der DVD hat sicherlich vielschichtige Gründe doch mit entscheidend war, dass es einen Standard gibt in dem alle Studios ihre Filme veröffentlichen und für den Geräte produziert werden, bei denen sich der Kunde sicher sein kann, dass sie auch alle diese Filme abspielen. Dieser Standard führt dazu, dass der Kunde weiß was er erhält, wenn er eine DVD kauft.

Neben den technischen Aspekten wurde auch der Vertrieb geregelt. Heute kann man DVDs in Buchhandlungen, Liebhaberläden, Drogerien und im Supermarkt kaufen oder man leiht die DVD in der Videothek der Wahl, am Automaten oder über das Internet. Dagegen ist der Vertrieb und Erwerb von Filmen über das Internet doch mehr als Umständlich.

Standards für Filmdownloads und VoD

Jedes Filmdownload-Angebot hat im Moment seine eigene Lösung, was die Bereitstellung und die Abwicklung von Filmdownloads angeht. Die Palette geht von Applikationen wie dem iTunes Music Store
und in2movies über Portale wie Movielink und CinemaNow bis hin zu (Set-Top-)Boxen, wie Vudu oder die XBox. Neben diesen Anbietern stehen noch diverse Video-on-Demand-Angebote, wie Maxdome und T-Online-Vision, die nur unzureichend von den Downloads abgerenzt sind und somit zur zusätzlichen Verwirrung beitragen.

Prinzipiell gilt es zwei Standards zu etablieren um die Komplexität zu reduzieren: einen für Filmdownloads und einen für Video on Demand.

Filmdownload-Standard

Der Musikindustrie blieb keine andere Wahl als den aus illegalen Aktivitäten entstandenen defacto Standard zu übernehmen. Ähnliches droht der Filmindustrie, sollte nicht bald ein einheitliches Produkt angeboten werden, das folgende Kernpunkte klärt:

  • Technische Definition eines Filmdownloads: Welche Qualität? Welches Format? Zusatzfeatures? DRM? Abspielgarantie? Unterstützte Geräte? Rechte des Kunden?
  • Definition der Prozesse: Wie läuft ein Filmdownload ab? Wie wird er gespeichert? Wie kann er weitergegeben werden? Wo und wie kann er abgespielt werden?
  • Defintion des Geschäfts: Wie kann ein Händler Filmdownloads anbieten? Handelsspanne? Rabatte? Wie läuft der „Einkauf“ von Filmdownloads?

Diese Punkte müssen so definiert werden, dass alle Studios und Rechteinhaber sich darauf einigen und bereit sind ihre Filme unter diese Konditionen als Filmdownload zu veröffentlichen. Die Antworten auf diese Fragen ergeben das einheitliche Produkt Filmdownload, das Konsumenten dann nicht mehr nur bei Amazon oder Apple kaufen können, sondern auch bei Quelle, Karstadt, eBay oder wo auch immer.

VoD-Standard

Für Video on Demand ergeben sich ähnliche Probleme, doch anders als bei Filmdownloads ist ein Digital Rights Management System bei VoD Pflicht, weil sich ansonsten ein Leihszenario nicht durchsetzen lässt. Beim VoD hat sich in Ermangelung von Alternativen schon das Windows Media DRM als quasi technische Standard etabliert. Das heißt es bleiben nur noch die Prozesse und das Geschäft zu definieren.

Ich bin weiterhin der Meinung, dass es sich anbietet den Datentransfer (das Herunterladen) von der Transaktion (dem Bezahlen) zu trennen. Man kann Windows Media DRM soweit vertrauen, dass die Autorisierung erst beim Abspiel und nicht beim Herunterladen erfolgen kann. Diese Trennung erlaub es das Geschäft anders aufzuziehen. Es gibt dann ähnlich, wie es bei Software der Fall ist Lizenzhänder, die nichts anderes anbieten als die Rechte zum Abspiel des Films. Diese Rechte müssen nicht unbedingt bei Maxdome usw. erworben werden sondern ich kann sie auch beim Onlineshop meines Vertrauens erwerben und bei normalen Bestellungen gleich mitbestellen.

Filmdownloads und VoD als Nachfolger der DVD

Warum sollte sich die Filmindustrie die Mühe machen und die Vorgänge Standardisieren? Dafür gibt es mehrere gute Gründe:

  • Filmdownloads sind der Nachfolger der DVD. Je näher Filmdownloads und VoD an der klassischen DVD sind umso einfacher wird es werden vor Gericht zu argumentieren es handele sich um die Nachfolger der DVD. Diese Argumentation wird dann wichtig, wenn irgendwann auch ältere Filme angeboten werden sollen, für die bei der Produktion keine dementsprechenden Rechte eingeholt wurden. Werden Filmdownloads dann nicht als Nachfolger der DVD angesehen, stehen sehr teure Nachverhandlungen mit allen am Film Beteiligen an.
  • Ein vielfältiger Markt entsteht. Die Filmindustrie hängt schon jetzt am Tropf von Wal-Mart. Will sie in Zukunft zusätzlich am Tropf von Amazon und Apple hängen? Mit klaren Prozessen ist der Weg für neue und etablierte Händler frei. Es ist schon lustig, dass es in Leipzig mehr Läden zum Kauf einer DVD gibt, als im Internet legale Filmdownload-Angebote.
  • Klare Prozesse erlauben den Anbietern und Händlern mehr Freiheit. Wenn Apple keinen Gewinn mit Filmdownloads machen will und wenn Wal-Mart mit Filmdownloads nur Käufer auf die Seite locken will, können sie das mit diesem Modell tun. Sie müssen dann eben den eventuellen Verlust über Hardware und sonstige Verkäufe refinanzieren, denn die Einkaufspreise werden klar vorgegeben.

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