Missing Link: Internet auf dem Fernseher?

Die CES in Las Vegas, hatte neben Tablet-Computern und 3D Fernsehern ein großes Thema: Die Verbindung zwischen TV Geräten und dem Internet. Die Ankündigungen von Samsung über DivX TV und die Boxee Box waren vielfältig und zeigen in der Summe den Weg auf, den die Branche nehmen wird. Schließlich wird es für die Gerätehersteller immer schwieriger sich ohne Zusatzfeatures zu differenzieren und für Content Anbieter wird es immer wichtiger auf weiteren Geräten neben dem PC vertreten zu sein.

Der Trend sich über Medien zu differenzieren, zeigt sich nicht nur bei den Fernsehern sondern fängt bei externen Festplatten an und hört bei Blu-Ray Playern noch längst nicht auf. Angetrieben werden diese Geräteklassen von zunehmend leistungsfähigen Chips, wie dem NVidia Tegra 2 oder Intels Atoms, die bereits auf Chipebene wichtige Codecs für den Videokonsum unterstützen und so für ein flüssiges Videoerlebnis sorgen.

Doch damit der TV Screen im Wohnzimmer auch wirklich für andere Dinge als das klassische Fernsehen genutzt werden kann, bedarf es mehr als eines leistungsfähiger Chips. Man kann die Komponenten grob in drei Kategorien gliedern, die das Videoerlebnis komplettieren.

  1. Hardware, die den Zugang zum Internet bereitstellt.
  2. Software, die die Inhalte aufbereitet und zugänglich macht.
  3. Services, die Inhalte für die neuen Hardware und Softwareplattformen bereitstellen.

Alle drei Felder stellen eine Erweiterung des bisherigen Internet Video Marktes dar, der es bisher kaum über den PC hinaus geschafft hat. In 2010 werden aber zunehmend alternative Abspielgeräte an Bedeutung gewinnen, so dass es sich anbietet die oben genannten Felder in einer Artikelserie näher zu betrachten. Deshalb hier eine Vorstellung der verschiedenen Hardware Player.

Hardware: Geräteklassen

Internet enabled TV Sets

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Die einfachste Möglichkeit das Internet auf den Fernseher zu bringen ist, die direkte Integration in den Fernseher. Alle großen Hersteller bieten mittlerweile entsprechende Modelle an. Besonders erwähnenswert sind hier die neueren Geräte, wie z.B. Vizios Internet Apps, denn diese benötigen keine Kabelverbindung mehr sondern klinken sich per Wlan direkt ins Heimnetz, somit dürften die 2 1/2 Wände zwischen Internetanschluss und Fernseher zunehmend kein Problem mehr darstellen.

Spielekonsolen

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Im Moment dominieren, jedoch Spielekonsolen den Zugang zum Web im Wohnzimmer. Mit 134,7 Millionen verkauften internetfähigen Konsolen, (Wii, XBox 360 und PS3), eröffnen sich hier Möglichkeiten, die oft noch unterschätzt werden. Gerade zu einer Zeit in der sich die Konsolen zunehmend öffnen und Fremdanbieter mit Services zulassen, sollte jeder Inhalteanbieter einen Strategie haben, wie er mit diesen Geräten umgeht.

In Deutschland gibt es im Moment knapp 6 Millionen Konsolen, die leider noch nicht von Drittanbietern bedient werden. Lediglich Sony konnte mit VidZone das Potential kurz anreißen, indem sie 100 Millionen Musik-Videoabrufe innerhalb der ersten 8 Wochen erzielten. Es bleibt abzuwarten, wer dieses Potential als erstes voll ausschöpft. Sky und die BBC sind in England bereits auf vielen Konsolen vertreten, vielleicht schwappt davon etwas über den Kanal.

Mediacenter-Boxen

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Die Boxee Box von D-Link hat in Las Vegas für einiges Aufsehen gesorgt, mit Flash 10.1, H.264, WiFi und allen Verbindungen, die man sich nur wünschen kann, ist sie für $200 sicherlich ein attraktives Angebot. Die Boxee Box ist damit das Paradebeispiel einer Gerätekategorie, die drei Dinge tut: 1) Internet und Videoservices auf den Fernseher bringen 2) Externe Festplatten und Speichermedien mit dem Fernseher verbinden und 3) den PC mit dem Fernseher koppeln.

Dabei waren Boxee und D-Link trotz all des Rummels bei weitem nicht die ersten, die dies ermöglichen. Für $79 bekommt man seit 2008 eine Roku Box, mit ähnlichem Umfang und Diensten und für etwas mehr die Vudu Box, die ebenfalls Filme, Serien und weitere Applikationen aus dem Internet auf den Fernseher streamt. Und natürlich gehört auch das chronisch vernachlässigte AppleTV in diese Kategorie.

Alle vier Boxen kommen mit einem aufpolierten Interface und einem ausgefeilten Hardwaredesign, und versuchen es so in den Heimvideo-Stack zu schaffen. Zusätzlich zur Box bieten Vudu und Apple auch gleich noch den passenden Content an, den man sich leihen oder kaufen kann. Roku und Boxee hingegen beschränken sich auf die technische Plattform und überlassen das bereitstellen des Contents anderen wie zum Beispiel Netflix oder der MLB.

Mediacenter PCs

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Seit Front Row und Windows Media Center Edition stellt sich immer öfter auch die Frage, ob man nicht besser gleich einen ganzen PC ins Wohnzimmer stellt. Der Mac Mini hat mittlerweile in der PC Welt viele Cousins bekommen und so erhält der User für einen kleinen Aufpreis gegenüber den Boxen gleich einen kompletten PC mit Fernbedienung und ohne Lüfter. Diese PCs sind zum Teil bereits darauf ausgelegt auf der Rückseite eines Flachbildschirms oder LCD Fernsehers montiert zu werden.

Externe Festplatten und Router

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Nähern sich die PC Hersteller dem Markt von oben, tun es die Router– und Festplattenhersteller von unten. Sie versuchen ihre Produkte durch die Möglichkeit zur Medienwiedergabe aufzuwerten und so entstehen Router mit Medienservern und Festplatten mit Videoplayern und eingebauten Mediatheken, die jeweils direkt an den Fernseher angeschlossen werden können. Entsprechende Lösungen gibt es mittlerweile von von AVM, Netgear, Wester Digital, LaCie und weiteren. Im Gegensatz zu den Mediacenter-Boxen fehlt den Herstellern aber oftmals noch das Gespür für ein gutes Interface und ein gelungenes Hardwaredesign. Des Weiteren sind die Geräte noch nicht primär für die neue Nutzungsszenarien ausgelegt, was man ihnen zum Teil deutlich anmerkt.

Blu-Ray Player, Reciever und DVRs

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Zu guter Letzt sind natürlich auch die Hersteller von Digitalen Videorecordern (DVR), Recievern und Blu-Ray Playern nicht untätig. Sie alle versuchen ebenfalls das Internet und Zusatzservices in ihre Geräte zu integrieren. Videoweb hat eine entsprechende Sat-Reciever Lösung für Deutschland im Angebot. Auch die DVRs und Blu-Ray Player bieten zunehmend die Möglichkeit auf das Internet zuzugreifen. Es liegt ja auch nahe, wenn Sony, Samsung, Philipps, Panasonic und LG ihre Internet-TV Lösungen auch in andere Geräte integrieren und sich nicht künstlich auf die integrierten TV-Lösungen beschränken. Im Gegensatz zu fast allen anderen Geräten in dieser Liste haben Reciever, DVRs und Blu-Ray Player sich bereits einen festen Platz im Heimvideo-Stack erkämpft. Ihre Daseinsberechtigung müssen sie dem Konsumenten also nicht erst aufwendig erklären.

Die Schlacht ums Wohnzimmer

Wie man an der Bandbreite der Geräte erkennen kann, bringen sich gerade viele Hardwarehersteller in Stellung für den Kampf ums Wohnzimmer. Nicht zuletzt geht es hierbei um einen bedeutenden Markt, bei dem es nicht allein um die Hardware geht sondern auch um die Kontrolle von Zugangspunkten, für die damit einhergehenden Software und Services.

Will man den Kampf ums Wohnzimmer gewinnen, geht es vor allem darum akute Probleme der Konsumenten, wie die wachsende Komplexität, zu lösen. Ein weiteres allgegenwärtiges Problem ist die Heimverkabelung. In der Regel sind zwischen dem Internetanschluss und dem Fernseher im Wohnzimmer mehrere Meter und mehrere Wände, so dass es nicht ganz einfach ist, die Verkabelung sicherzustellen.

In diesem Umfeld kann es nur wenige Gewinner geben, denn moderne Fernseher haben zwar mehrere HDMI Eingänge aber in den seltensten Fällen sind es mehr als drei, was die Anzahl an Geräten stark einschränkt, die im Wohnzimmer neben dem Fernseher Platz finden werden.

Wer gewinnt?

Betrachtet man die verschiedenen Geräteklassen und die Rahmenbedingungen haben die Spielekonsolen im Moment einen deutlichen Vorteil, der sie kurzfristig zum wichtigsten Enabler des Internets auf dem Fernseher macht. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich die Konsolenhersteller mittelfristig selbst im Weg stehen werden, indem sie ihre Plattformen nicht schnell und weit genug öffnen um Drittanbietern einfachen und umfangreichen Zugang zu bieten und eine Win-Win Situation zu schaffen.

Mittelfristig werden somit die offenen Mediacenter Boxen (Roku, Boxee), den Konsolen den Rang ablaufen. Der Konsument profitiert sowohl von der offenen Architektur als auch dem wachsenden Ökosystem um diese Geräte. Zudem sorgt der geringe Preis dieser Boxen für ein low-risk Investment auf Seiten der Konsumenten.

Auf lange Sicht werden die TV- und Router-Hersteller jedoch den Markt dominieren. Beide Anbietergruppen haben momentan noch mit langsamer Hardware, walled-gardens und fehlenden Standards zu kämpfen. Doch das sind alles Punkte, die sich in den nächsten Jahren lösen lassen, so dass in Zukunft nur noch die absolut notwendigen Geräte im Wohnzimmer stehen werden und das ist zum einen der Fernseher selbst und zum anderen der Router, der das Internet überhaupt erst verfügbar macht. Jeder Haushalt wird sich je nach Bedarf und Geldbeutel für einen der beiden Zugangspunkte entscheiden. Die anderen Geräte zwischen Router und Fernseher werden verschwinden, sobald entsprechende Services auf den Routern/Fernsehern sie obsolet machen.

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der monatlichen Gugel-Kolumne für das Blog des eVideo Projekts der HTW Berlin.


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