Deutsche Videoblogs – revisited.

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der monatlichen Gugel-Kolumne für das Blog des eVideo Projekts der FHTW Berlin.

Im April 2007 hatte ich versucht einen groben Überblick der deutschen Videoblog-Landschaft zu geben. Fast zwei Jahre später bietet sich ein deutlich anderes Bild. Obwohl in der Zeit von Mai 2007 bis November 2008 der Videomarkt in Bezug auf das Nutzungsverhalten insgesamt um über 50% gewachsen ist (12,7 Mrd. vs. 8,4 Mrd. Video Views / US-Zahlen), gibt es unter den über 50 ursprünglich gelisteten Videoblogs in dieser Zeit keine wirklich überzeugende Erfolgsgeschichte.

Mit einer Ausnahme: Der Elektrische Reporter hat durch die TV-Distribution (ZDF) – zusätzlich zur existierenden Kooperation mit dem Handelsblatt – seine Reichweite und wohl auch die finanziellen Möglichkeiten enorm gesteigert. In Zuge dessen wurde auch die Produktion durch die Blinkenlichten Produktionen auf solide (eigenständige) Füße gestellt.

Anders erging es dem Vorzeige Videoblog Ehrensenf. Dieses verlor seine Distributionsvereinbarung mit dem Spiegel und somit wohl um die 50% der Zuschauer. Vielen Videoblogs erging es noch schlechter, um die 50% der Blogs in der ursprünglichen Liste wurden eingestellt. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielfältig und dürften von Fall zu Fall variieren, jedoch haben Videoblogs – mehr noch als normale Blogs – mit Strukturproblemen zu kämpfen. Diese Probleme und wie mögliche Lösungen dafür aussehen könnten werden im Folgenden beleuchtet.

Allerdings zuerst noch ein kurzer Blick auf die aktualisierte Liste, in der sich trotz allem einige bemerkenswerte Entwicklungen widerspiegeln:

Die folgende Liste wurde (noch) nicht um neue Videoblogs ergänzt (Tipps und Vorschläge bitte hier eintragen), außerdem gilt:

Keinen Eingang in die Liste haben Vodcasts der Medienhäuser, professionell erstellte Videobeiträge und reine Videoplattform-Stars gefunden (ein/zwei Ausnahmen gibt es trotzdem).

Aktive Videoblogs (27)

Inaktive Videoblogs (24)

Wer einen Tipp hinterlassen möchte oder Änderungen in den Tabellen vornehmen möchte kann dies in dieser öffentlichen Tabelle tun. Natürlich sind auch Kommentare willkommen.

Strukturprobleme

Zwar haben Videoblogs mit ähnlichen Problemen wie normale Blogs zu kämpfen (Vermarktbarkeit, Relevanz, Publikumsgröße), doch anders als bei normalen Blogs schlagen diese Probleme stärker durch, da Videos ein paar Spezifika aufweisen:

  • Zeit/Aufwand: Videobeiträge sind in der Regel um einiges aufwendiger zu produzieren als normale Blogbeiträge. Die Produktion und die Postproduktion nehmen mindestens ein paar Stunden, manchmal mehrere Tage, in Anspruch.
  • Haltbarkeit: Diesem Aufwand steht üblicherweise eine kurze Haltbarkeit der Bloginhalte gegenüber (Datum basierte Navigation, aktuelle Bezüge, News-Charakter). Es wird somit ein enormer Aufwand um den einzelnen Video-Beitrag betrieben, dessen Haltbarkeit ist jedoch zeitlich sehr begrenzt. Hinzu kommt, dass Videos was SEO angehen bei weitem nicht so gut abschneiden wie Texte, was wiederum Longtail-Effekte enorm erschwert.
  • Vermarktung: Videoblogs sind so gut wie nicht vermarktbar. Die einzigen Erlöse kommen in der Regel aus Display und AdSense Werbung. Videowerbung und Sponsoring sind so gut wie nicht existent.
  • Zuschauergröße / Interaktion / Userbindung: Es braucht Zeit ein Publikum für ein Blog aufzubauen. Als Videoblogger, der seine Inhalte nur auf der eigenen Seite anbietet ist man deshalb in der prekären Situation, dass zumindest zu Beginn der ganze Aufwand in keinem Verhältnis zu den oftmals zweistelligen Zuschauerzahlen steht. Von dieser Basis aus auf eine relevante Größe zu wachsen dauert und ist enorm schwer.

Konsequenzen?

Viele der noch existierenden Videoblogs haben aus diesen Problemen Konsequenzen gezogen. Zuerst gibt es fast keinen Videoblogger mehr, der seine Inhalte nur auf der eigenen Seite anbietet – ein vor zwei Jahren durchaus übliches Vorgehen. Heute haben nahezu alle mindestens einen, wenn nicht sogar mehrere Distributionspartner von YouTube über Sevenload und MyVideo bis zu Zeitungswebsites, ist hierbei alles möglich. Zudem ermöglichen diese Partner oftmals die Vermarktung. Der Videoblogger wird in den Vermarktungspool und die Promotion aufgenommen und kann so zumindest erste Erlöse erzielt.

Angesichts dessen verwundert es nicht, dass die meisten neueren Videoblogger erst gar nicht mehr den Umweg über eine eigene Präsenz nehmen, sondern ihre „Karriere“ direkt auf einer Videocommunities starten. Diese ermöglichen oft einen Kickstart, der die Zeit bis zu einer relevanten Zuschauergröße enorm verringern kann. Zudem entwickelt sich das Format dort rasant in verschiedenste Richtungen weiter.

Zu diesen Punkten und den Videobloggern der „zweiten Generation“ in Kürze an dieser Stelle mehr.


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