Podcasting. Der Durchbruch der selektiven Mediennutzung?

Am zweiten Tag auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland war ich zuerst im Panel: Podcasting – Der Weg zur selektiven Mediennutzung. Auf dem Podium wagte keiner Podcasts zu definieren, es wüssten ja alle worum es geht. Leider wurde dann auch nicht darüber diskutiert ob und wie Podcasts zu einem neuen Format werden könnten. Statt dessen wurde der aktuelle Stand der Podcasts (mit Studien) referiert. Dabei kamen natürlich das Handelsblatt (Albrecht) und der MDR (Maas) besonders gut weg.

Der Tenor des Podiums war, dass sich das Mediennutzungsverhalten ändert und alle darauf reagieren müssen. Podcasts seien das Signum einer neuen Kommunikationsepoche: der individualisierten on-demand Kommunikation. Trotzdem war dem Podium eine gewisse Skepsis anzumerken, denn alle waren sich nicht so recht sicher ob Podcasts nun ein Hype, eine Übergangstechnologie oder eine neue Medienform sind.

Auch bei den Geschäftsmodellen war nicht viel neues zu höhren. Zeitungen und die Öffentlich Rechtlichen Anstalten könnten durch Podcasts ihren Content verlängern, was auf harsche Kritik stieß. Es sollen original Inhalte in die Podcasts, die exklusiv und hochwertig aufgemacht sind. Die Praxis sieht allerdings anders aus ARD und MDR machen nichts anderes als mit ihren Podcasts und Vodcasts den vorhandenen Content zu verlängern. Weitere Geschäftsmodelle sehen Werbung oder Sponsoring vor um die Podcasts zu finanzieren.

Eine Diskussion über den Rundfunkbegriff ist hoffenlich sobald nicht nötig. Sollte die Rechtsprechung Herrn Maas mit seiner Meinung Podcasts seien Rundfunk folgen dürften stürmische Zeiten auf alle Blogs und Content-Aggregatoren, die mehr als das Text bieten, zukommen.

Für mich erfreulich war die Aussicht für Vodcasts. Alle waren sich einig, dass Vodcasts kommen werden und einige sogar der Meinung, dass Vodcasts Podcasts verdrängen würden. Trotzdem bleibt die Erkenntnis, dass Vodcasts zwar gern gesehen sind aber das tiefere Verständnis fehlt. Von den ÖR kann man wohl nicht mehr als einen Feed mit Beiträgen erwarten.

Eine andere Sicht des Panels gibt es bei Sherpa. Und unten gibt es wie gehabt meine Notizen in Stichworten und mit Tippfehlern.

Auf dem Podium:

Andreas Albrecht (dpa-AFX), Hans-Joachim Fuhrmann (BDZV), Georg Maas (MDR), Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz (Universität Leipzig). Moderation: Dr. Michael Rediske (Verein Berliner Journalisten)

Einführung ins Thema durch Herrn Rediske:
– Bemüht die Brechtsche Radiotheorie: Rundfunk soll acuh emfpangen, die Lieferanten des Rundfunks sind gleichzeitig auch die empfänger. Der Höhrer als Lieferant.
– Bleibt es beim Höhrer als Lieferant? Oder adaptieren die alten Medien das Format und schlucken es?
– Dez 2004 Adam Curry stellt den ersten Podcast ins Netz. 2005 Podcasting zum Wort des Jahres gewählt.
Angebot und Inhalte:
– Podcast.de 1000 registrierte Podcaster
– Schlaflos in München mehrere 1000 Abonnenten
– Grimmepreis Nominierung
– ARD hat ein Podcast Portal
– Podcasting am Campus; In Harvard gibt es Podcasts der Vorlesungen.
– Mehrwertdieste als Podcast (Jahresabos für 39 Euro)
– Harald Schmidt verkauft seinen Podcast 99Cent pro Episode
– Firmen benutzen Podcasts um neue Zielgruppen zu erreichen
Sind Podcasts nur ein neuer Distributionskanal oder auch ein neus Format? Gibt es veränderte Höhr und Sehgewohnheiten? Sind Podcasts nur eine Übergangstechnik? Welche Geschäftsmodelle gibt es? Kannibalisiert sich das Radio durch Podcasts selbst oder erschließt und bindet es neue Höhrer?
Steinmetz: Wie ist die Athmosphäre unter den Podcastern? Wird die Szene von Grassroots, den Individualisten domniniert?
Podcasts nehmen eine Zwitterposition ein.
1. Grassroots: Mit der intention ein zweiweg Medium zu schaffen. Vergleichbare Bewegung zur Super8 mit politischen und sozialen Zielen.
2. Mainstreammedien: Seit iTunes werden Podcasts auch mit Geschäftsmodellen verknüpft (BMW). Neue Zielgruppen könnnen erreicht werden, hilft bei der internen Kommunikation, für Geschäftsleute ein Vertriebskanal
3. Podcasts als Lernmedium zur Weiterbildung
Wie sieht es mit der Podcastnutzung aus?
Zitiert aus der Podcastumfrage von Alex Wunschel: 89% Männlich, Durchschnittlich 30 Jahre alt, 56% Hochschulabschluss, 2/3 Berufstätig, 1/3 in der Ausbildung, Hauptsächlich in Berufen, die etwas mit Medien zu tun haben, Durchschnittliches Einkommen von 2153 Euro. Sie nutzen Podcasts durchschnittlich 3,6 Std./Woche und haben 8 Podcasts abonniert. 74% werden in der Freizeit gehört.
Motive: 1. Unterhaltung 2. Information 3. Weiterbildung und einige würden auch für Podcasts bezahlen. Der ideale Podcast dauert 19min.
Die Studie ist verzerrt, weil erstens nur Höhrer befragt wurden und diese sich per Selbstselektion teilnahmen!
Maas: Wie seiht es mit der MA aus? Sollte diese auch Podcasts abfragen?
– Die neuen Medien sollten in die Quoten und Höhrerzahlen einbezogen werden.
– 25% der Jugendlichen höhren kein Radio mehr.
– Eine ganze Zielgruppe wird nichtmehr erreicht.
– MDR.de erreicht 36% neuinteressierte, die ansonsten nicht vom MDR erreicht werden.
– 63% der Besucher nutzen auch die anderen MDR Angebote.
– es bedarf einer neuen Messgröße
– 78% der 14-19 Jährigen haben einen MP3 Player. 98% Zugang zum Interent.
– Auf die Frage welches Medium verzichtbar ist ist die erste Nennung meist das Radio!
– Es gibt eine neue Bedürfnisstruktur. Die ARD muss etwas tun.
Die Entwicklung geht weg vom linearen Programmschema hin zur individuellen zeitunabhängigen Nutzung.
– Es gibt einen Anstieg der gesamten Mediennutzung.
– Die ARD muss sich auf die neue Nutzung einstellen.
– Lohnt sich das? Ja es lohnt sich
– Was höhren die Leute auf ihren MP3 Playern? Zu 94% Musik nur 6% Wortanteil.
– MRD hatte 30 000 Downloads im Monat seines Höhrspiels Cabale und Liebe.
Albrecht: Wie haben sich die Auftragsanfragen geändert?
– private Radiosender bekommen die Börsennachrichten von der dpa weil die ÖR es nicht leisten wollen.
– 20min Audiomagazin mit dem Handelsblatt wird produziert
– seit August werden kostenlose Podcasts für das Handelblatt produziert: 6 Podcasts pro Tag jeweils zw. 2 und 3 Minuten sowie ein Börsenradio mit 5-6min wird um 12 Uhr Online gestellt, wg. Peak der Handelsblattseite.
– Finanzia Times Deutschland Produziert zwei Podcasts um 7 und 17 Uhr.
– Problem wie lange muss/darf ein Podcast sein?
– Ist im Prinzip egal wir (dpa-AFX) verdient damit Geld (Auftagsproduktionen)
– 25% des Umsatzes der dpa-AFX wird durch Podcasts und Auftragsproduktionen generiert. Dabei ist das Handelsblatt der größte Partner (auch ein Wöchentliches Magazin wird für die Produziert)
– Ab Juni gibt es einen Kicker Podcasts von dpa-AFX, der 5min Infos zur WM zusammenfasst. Es hat ein 3/4 Jahr gedauert den Kicker zu überzeugen.
Fuhrmann: Sind Podcasts eine Mögichkeit die junge Zielgruppe zu erreichen?
– 75% der über 14 jährigen lesen ein Zeitung. 49% der jungen schauen in die Zeitung (??) über 60% bei den 19-29 jährigen.
– Das Internet stellt mit allen seinen Applikationen eine Möglichkeit dar.
– Podcasts sind nur eine Option.
– Inhalte sollten in die Community hineingebracht werden.
– es gibt wenig Podcast Angebote bei den Zeitungen.
– dieses Jahr (2006) werden viele lokale und regionale Blätter einsteigen.
Sie haben durch Podcasts die Möglichkeit den Content zu verlängern.
– Podcasts sind relativ Günstig zu Produzieren (2000 Euro einmalig für die Hardware).
– Kolumnen eignen sich sehr gut für Podcasts
– Opinioleader aus der Region, Sportredakteure und Kritiker können ihre Meinung über Podcasts der Zeitungen verbreiten.
Zeitungsseiten könnten durch die eigene Marke lokale Podcaster gut präsentieren.
– Viele Inhalte und Angebote werden dieses Jahr von den Zeitungen kommen.
Werden die Zeitungsartikel nur vorgelesen? Ja unter Umständen z.B. die Preisträger eines Aufsatzwettbewerbs. Beispiel Badener Zeitung: Jugendseite im Netz mit Podcasts zum lokalen Eishockey Team.
Die Leser-Blatt-Bindung wird erhöht und eine Community geschaffen. User-Medium Bindung erhöhen erst danach ans Geldverdienen denken.
Maas: Vorlesen von Zeitungsartikeln ist Mist. Die Zeitungen werden damit eine Bauchlandung erleben.
Fuhrmann: Klar kann nicht alles vorgelsesen werden aber bestimmte Inhalte eignen sich.
Steinmetz: Vorhandenen Content verlängern wird nicht funktionieren. (Was bitte macht der MDR, die ARD usw denn anderes??)
– Podcasts als weiteren Vertriebskanal ist nicht wünschenswert. Ist zwar billig aber es sollte nach eigenen Modellen gesucht werden.
– Die Anforderungsprofile ändern sich auch für Journalisten. Nicht mehr nur ein Print, ein Radio ein Web Redakteuer sondern einer der alles kann.
– Zeitungsschreiber sind keine guten Radiomacher.
– Langzeitstudie zeigt: die Zeitungsnutzung geht zurück, genauso wie die Radionutzung. Eine genauere Betrachtung ener ARD Studie zeigt das auch.
– 14-19 Jährige muss man erreichen. Es wird sonst die Nutzung erst minimal aber stetig abnehmen.
– Man muss reagieren.
Maas:
– Es gibt keine ideale Länge eines Podcasts
– Schnipsel von 2-3 Minuten gehen auch
– Es sollten zusätzliche Anreize zum Podcasthöhren geschaffen werden.
– orginal Inhalte fürs Internet
Albrecht:
– durch Podcasts lassen sich Nachrichten verlängern
– reines Vorlesen ist allerdings schlecht
– Trotzdem lohnt es sich Printinhalte als Audiofile darzubieten
Ein Podcast sollte einen Mehrwert bieten.
– Man höhrt etwas das man nicht lesen kann.
– Was ist ein Podcast eigentlich? Gibt es eine griffige Definition? Das Podium hat keine gefunden.
Publikumsfrage: Die ÖR gehen bei der Produktion von Podcasts lieblos vor. Wie kann man Liebevoller mit den Inhalte umgehen und wie können die Inhalte besser aufbereitet werden?
Maas: Es wird nicht lieblos mit Podcasts umgegangen. MDR erstellt einen Opener, Closer, Teasertext, Schlagzeile und oft noch ein Bild zum Podcast. Allein vom Marketingaspekt her muss es einen Opener und Closer geben.
Ist der Bezug im Begriff Podcast zu Apple ein Problem?
Maas: – Podcasts funktionieren auf allen MP3 Playern.
– Der Begriff ist Werbung für Apple
– Der Begriff trifft nicht den Kern eigentlich wäre automatischer Download besser
– Noch besser wäre „Herunterladen“ oder „automatisches herunterladen“
– MDR bietet Feeds und selektive Downloads an.
– iTunes ist ein Buch mit 7 Siegeln. Alles sehr undurchsichtig, wie das Ranking und Rating zustande kommt und wer auf Nummer 1 der Listen steht.
Steinmetz:
– Apple hat das alles sehr geschickt gemacht. Es ist ein cleveres Geschäftsmodell. Man kommt von dem Begriff Podcast nicht mehr los.
Frage: Sind Podcasts eine any-to-any Verbreitung?
Steinmetz:
– Podcasting ist ein Zeichen des Umschwungs der Kommunikation
– Übergang von Broadcasting zur Point-to-point kommunikation
Podcasts als Signum einer neuen Kommunikationsepoche der individualisierten on demand Kommunikation (Personalisierung)
– Der Rundfunkbegriff ist eigentlich nicht mehr existent.
– Podcasting ist sowohl Rundfunk als auch individual kommunikation.
Maas ist davon überzeugt, dass Podcasting Rundfunk ist.
– Aufbrechen linearer, synchroner Übertragung zum reiner Individualkommunikation. Nutzungsmuster werden den neuen Rundfunkbegriff prägen, der sich an die neuen Gewohnheiten anpassen muss.
Fuhrmann:
Podcasting ist kein Rundfunk sondern wie in den Laden gehen und eine CD kaufen.
– Podcasting sollte nie Rundfunk werden, weil sonst die Regulierer kommen.
Rediske: Ist die Grenze zwischen dem Download (Mediendienst) und dem automatisierten Dowload (Rundfunk) zu ziehen?
Steinmetz: Eine neue Definition wird kommen.
Albrecht: Die Podcastanbieter steigen schneller als die Podcastnutzer.
– Vodcasts sind ein Problem für die Podcasts und Podcaster laufen in die Sackgasse.
– Geschäftsmodelle für Podcasts?
– Abo für Podcasts lohnt sich nicht und funktioniert nicht
– Es wird nicht klappen über Podcasts direkte Umsätze zu generieren
– Wenn Geld verdient wird dann über Sponsoring und Webrung
– August 2005 700 Zahlende Nutzer (9,95 Euro) der Handesblatt Audioausgabe auf Audible.de, das Refinanziert die Kosten
Fuhrmann:
– Das Thema ist bei Zeitungsverlagen am Anfang
– Man braucht extrem hochwertige Inhalte (exklusive) damit die Nutzer dafür zahlen.
– Gebühren für Fachzeitschriften (W&V) oder Secialinterest Blätter könnten funktionieren.
– Für die meisten Zeitungen werden Gebüren für die Podcasts kein Thema sein.
– Eher Experimente der Refinanzierung über Sponsoring und Werbung
– Allerdings reagiert das Publikum allergisch, wenn zu starke kommerzielle Interessen dahinter stehen.
– Podcasts refinanzieren sich wegen der geringen Produktionskosten schnell und damit ist das nicht das Problem.
Maas:
– Es braucht ein Alleinstellungsmerkmal und einen Benefit
– Teuer ist die liebevolle Pflege der Inhalte
– iSchmidt funktioniert und kostet
– Er kann den kommerziellen Anbietern nur Glück wünschen.
Albrecht: Verdrängen Vodcasts die Podcasts?
– Ja wenn die Technik (Videofähige Handys und MP3 Player) weiter verbreitet sind

– Es wird jedoch auch einen Hype um Vodcasts geben
– Refinanzierung von Vodcasts wird schwieriger
– BMW geht es um Werbung für die Marke
Gibt es einen Bedarf an Vodcasts?
Maas: Es gibt einen Bedarf an Vodcasts auf jendenfall. MDR biete bereists Vodcasts an.
Albrecht: RTL stellt schon 60sec zusammenschnitte des Tages online.
Wohin geht die Zukunft wird uns Podcasting die nächsten 10-15 Jahre begleiten?
Steinmetz:
– Podcasting gehört in eine Übergangsphase
– Wohin es geht wird sich zeigen. Audio wird nicht aussterben. MP3 ist jedoch ein Rückschritt (Qualität).
– Es gibt ein höhres Aktivitätsniveau -> Mehr Leute produzieren.
Podcasting ist ein Hype geschickt von Apple gepusht.
– Es wird eine asynchrone Kommunikation geben.
Albrecht:
– Hofft dass es Podcasting noch lange geben wird
– Vodcasts werden es ergänzen/verdrängen
– Als ergänzendes Medium wird es weiter Podcasts geben
Fuhrmann:
– Podcasting ist eine Option für längere Zeit für die Verlage
– Wann sollen wir das alles Rezipieren? Audio bietet für viele Leute die Möglichkeit etwas nebenher zu konsumieren.
– Müssen Podcasts erstmal starten.
Maas:
– Mehr Augenmerk auf die Nutzer richten, weil das Nutzungsverhalten total umgebrochen ist. Nicht immer nur theoretisch Diskutieren sondern schauen, was an der Basis passiert.
– Podcasting funktioniert für den MDR
– keine Substitution ein neues Medium verändert das Alte
– Zeitunabhängige individuelle Nutzung von Content
– Jeder Podcastanbieter ist ein Konkurrent in der Aufmerksamkeitsökonomie für die alten Medien.
– Inhalte mit hoher Qualität anbieten.


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