Nicht Tauschbörsen sind die Gefahr sondern die Lightnets.

Die Filmindustrie fürchtet primär die Darknets. Immer anonymere Tauschböresen, die es den Butzern erlauben unerkannt und ungestraft Dateien zu klauen oder zu tauschen. Aus dieser Angst heraus bauen sie ihre eigenen Darknets (In2Movie, Movielink usw) um den illegalen Darknets entgegen zutreten. Dabei wird die eigentliche Gefahr übersehen, die gleichzeitig die Rettung sein könnte: Die Lightnets. Je nach Ausgang des Rennens werden die Lighnets entweder zum Umschwung und zur Rettung der Filmindustrie im Internet beitragen oder sie werden den Vertrieb von Filmen mit einer marginalen Beteiligung der Filmindustrie vorantreiben.

Um diese Entwicklungen zu verstehen muss ersteinmal geklärt werden was ein Lightnet ist und wodurch es sich vom Darknet unterscheidet. Danach sind noch zwei weitere Konzepte, die damit in Verbindung stehen von Bedeutung: Die Macht der URLs und Links und die Macht der Browser.

Darknet vs. Lightnet

Der Begriff der Darknets basiert auf einem Arbeitspapier von Microsoft und wurde danach heftig Diskutiert. J.D. Lasica hat die Diskussion dann in seinem Buch Darknet: Hollywood’s War Against the Digital Generation weitergeführt. Darin beschreibt er Darknets folgendermaßen:

In this book, I use darknets as a catch-all term to refer to networks of people who rely on closed-off spaces—safe havens in both the virtual and real worlds where there is little or no fear of detection—to share copyrighted digital material with others or to escape the restrictions on digital media imposed by entertainment companies.

Dabei kann ein Darknet sowohl eine legale Tauschbörse oder ein DRM geschütztes Filmdownloadangebot sein als auch illegale Tauschbörsen, abgeschlossene Firmennetzwerke oder Datenbanken mit restriktivem Zugriff. Mike Linksvayer bringt es auf den Punkt: Darknets sind Netzte deren Inhalte für das Web unsichtbar sind, das heißt die Inhalte können nicht verlinkt werden.

Lucas Gonze setzt dagegen die Lightnets als Netzwerke und Dienste deren Inhalte leicht verlinkt, neu gestaltet und gesehen werden können. Dazu gehören drei Qualitäten: Die Interoperabilität, die Interaktivität und die Interconnectivität. Diese erlauben es den Lightnets mit jedem weiteren Link zu wachsen. Je mehr die Inhalte des Netzes geremixt, weiterverwertet und verteilt werden desto größer wird das Lightnet. Ein gutes Beispiel dafür ist YouTube. Es hat der Seite in keinster Weise geschadet, dass sie es erlauben ihre Inhalte auf beliebigen Seiten einzubinden. Im Gegenteil diese Stategie ist ein bedeutender Wachstumsmotor.

Die Macht der URL und des Links

Robert Young ist einer der Autoren, die immer wieder die Macht der URL und der Links betonen. Erst Gestern hat er dargelegt welchen Wert Google aus Links auf Videos zieht. Google wertet Links als Stimmen und je mehr Links auf ein Video gesetzt werden umso beliebter und besser muss es sein. Mit dieser Technik hat Google die Suchmaschinen revolutioniert und sie wird wohl auch bei Videos zum Einsatz kommen. Doch nicht nur Google profitiert. Links erlauben es Jedermann sich als Content-Network zu profilieren und die klassischen Distributionsmechanismen werden ausgehebelt. Robert Young beschreibt den Vorgang sehr treffend:

Not only do these URLs mean that consumers are now “producers”, they are also being used as a new channel for media distribution… the consumer is also becoming a “distributor”. Since the Internet does away with the need for physical packaging of content (e.g. DVDs, CDs, newsprint, etc.), the need for specialized distribution outlets goes with it. Instead, the new “containers” and “distribution outlets” are increasingly URLs and with that the dynamics of media distribution are being disrupted.

Jeder der einen Link setzt hat also die Macht den Verlinkten bei Google zu pushen und gleichzeitig empfiehlt er sich selbst als Aggregator und Produzent. Das heißt jede URL dient als Distributionskontainer und kann durch Links und Aggregatoren ins Rampenlicht rücken. Gleichzeitig schließen diese Mechanismen natürlich alle Inhalte aus, die nicht verlinkt werden können. Die Darknets sind klar im Nachteil.

Die Macht des Browsers

URLs und Links machen natürlich nur in einem Browser Sinn. Und genau da kommt noch eine weitere wichtige Komponente ins Spiel. Das Internet bietet eine Unmenge an verschiedenen Diensten an, doch nur die Wenigsten können über den Webbrowser erreicht werden.

Um populär zu werden muss ein Dienst über den Browser erreichbar und nutzbar sein. Das Email-Schreiben ist nicht durch POP3 oder SMTP-Dienste zum Massenphänomen sondern durch Webbasierte Emaildienste wie Hotmail oder GMX. Dem Usenet haben mittlerweile die Webforen den Rangabgelaufen und auch YouTube wäre niemals so erfolgreich geworden, wenn sie auf einen anderen Standard als Flashvideo gesetzt hätten.

Videos im Flashformat können mittlerweile von über 95% der Benutzer im Browser abgespielt werden. Die Integration des WMV als auch des Quicktime-Formats in die Browser lässt stark zu wünschen übrig und beide weißen nicht annähernd eine so große Verbreitung auf. Normalerweise wird der Erfolg von YouTube damit erklärt, dass es so einfach ist Videos zu publizieren. Der wahre Schlüssel zum Erfolg lag viel mehr darin, dass YouTube ein Videoformat verwendet, das sich nahtlos in den Browser integriert und vom Zuschauer keine weitere Installation oder Einstellung verlang (wer kennt nich die nervigen Player- und Geschwindigkeitsauswahlen bei vielen anderen). Damit hat es YouTube nicht nur einfach gemacht Videos zu publizieren sondern auch zu konsumieren. Und um nochmals Lucas Gonze, der übrigends Webjay gegründet und an Yahoo! verkauft hat, zu zitieren:

If you could have all this in the browser, why would you ever leave it for an MP3 player? And if you could have all this in one browser but not another, why would you use the incapacitated browser?

Genau diese Aussage trifft auch auf Videos zu. Die Bentzer wollen keine komischen externen Player sondern das Videoerlebnis im Browser ohne zusätzliche Plugins.

Die Gefahr der Lightnets

Die obigen Ausführungen sind sehr theoretisch jedoch zeichnen sich erste reale Gefahren schon ab. So macht Guba die Inhalte des Usenets über den Browser zugänglich. Mit dabei sind eine vielzahl von Fernsehserien und anderen Filminhalten, die natürlich nicht legal ins Usenet gelangten. Guba hat bereits ein Publikum von 1.2 Millionen für diese Inhalte. Dazu kann sich Guba auf die Lightnet-Effekte (z.B. mehrere Erwähnungen bei Digg) verlassen, die dafür sorgen werden, dass das Publikum stetig wächst.

Eine weitere Gefahr stellt Bittorrent dar. Man kann momenan bereits auf einzelne Files der Tauschbörse direkt verlinken. Somit ist der erste Teil schon erfüllt. Es fehlt nur noch die Integration in den Browser, denn man benötigt zur Zeit noch einen Bittorrent Client um die Datei dann tatsächlich auf den Rechner zu laden und muss somit den Browser verlassen. Doch diese Hürde wird nicht mehr lange bestehen. Opera hat bereits ein Preview am laufen, das Bittorrent im Browser unterstützt und andere werden folgen.

Neue Gatekeeper könnten sich zu einer weiteren Bedrohung entwickeln, wenn sie ein Monopol auf Links und URLs haben. Dabei fällt natürlich zuerst die Internet Movie Database, durch ihr umfangreiches Archiv mit einzigartigen Einträgen zieht sie viele Links auf sich und durch die vielen Links ist sie bei fast jeder Suche nach einem Filmtitel oder Schauspieler unter den ersten Treffern. Baut Amazon in die IMDB Seiten die Filme in einer Lightnet-Version (also Verlinkbar und Tauschbar) ein haben wir eines der mächtigsten Film- und Fernsehnetworks im Internet und die klassischen Networks werden zu reinen Zulieferern degradiert.

Ein Lightnet wird kommen um sie alle zu bündeln.

Es sind nicht die Darknets, die der Filmindustrie Sorgen bereiten sollten. In den Darknets werden zwar illegal Filme getauscht aber allein durch ihre Machart verhindern sie eine größere Popularität und stehen sich somit selbst im Weg. Dazu kommt, dass die rechtlichen Maßnahmen gegen diese Dienste oft im Disaster enden. Und solange die Filmindustrie selbst auf Darknets setzt um die illegalen Darknets auszuschalten wird sie ihre Inhalte und Werte nie vernünftig im Internet auswerten, denn auch hier fehlt die Skalierbarkeit und der Massenanspruch.

Die große Gefahr für die Filmindustrie besteht viel mehr darin, dass sie die Bedeutng von Lightnets unterschätzen. Meiner Meinung nach haben die großen Internetfirmen (Google, AOL, Yahoo!, MySpace) nicht Film- und Videoplattformen gestartet um Homevideos zu vertreiben – auch wenn es noch so aussieht. Vielmehr bereiten sie Destinationseiten vor, die Zuschauer und Inhalte anziehen. Sie warten darauf, dass sich die klassischen Networks gezwungen sehen ihre Inhalte an Dritte zu lizenzieren.

Der Filmindustrie und den Neworks bleibt als Ausweg eigene Destinationseiten zu schaffen, doch mit den derzeitigen Bemühungen, die erstens die Lightnet-Kriterien verletzen und zweitens nur Network intern sind wird das nichts werden. Wer geht schon auf Disneychannel.com um eine Kinderserie zu sehen anschließend auf ABC.com für Lost dann weiter zu CBS Innertube und zu guter Letzt für ein Musikvideo auf MTV Über? Es wird ein Lightnet kommen, das alle diese Videos vereint entweder mit Networkbeteiligung oder ohne.

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