Fehler über Fehler: Google, YouTube, CBS, ProSiebenSat.1

Es war ein ereignisreicher Montag und am Ende des Tages hat Google YouTube gekauft, CBS hat eine neue Promotionplattform und alle schwärmen davon, dass nun der große Zahltag für die Venture Captials ansteht, die mitverantworlich sind für die mittlerweile über 300 Videohoster.

Die große Frage bleibt jedoch, waren das alles weise Entscheidungen? Wäre Google nicht ohne YouTube besser gefahren und YouTube besser ohne Google? Könnte CBS nicht viel mehr Geld ohne YouTube Promotion verdienen? Und was macht das alles aus dem MyVideo-ProSiebenSat.1-Deal? Da einige schon die Zukunft des Fernsehens einläuten gilt es ersteinmal ein paar Faktoren zu bedenken, die in der allgemeinen Euphorie untergehen.

Videohoster und Fernsehsender passen (noch) nicht zusammen!

Bei einer Kooperation zwischen einem Fernsehsender und einem Videohoster geht es prinzipiell um folgende Eckpunkte: Traffic, Zuschauer/Aufmerksamkeit, Werbeeinnahmen, Technologie und Content. Die Fernsehsender versuchen über eine Kooperation mit einem Videohoster Zuschauer, die ins Internet abgewandert sind, zurück zu gewinnen. Gleichzeitig wollen sie natürlich die dadurch entstandenen Ausfälle bei den Werbeinnahmen kompensieren. Für Videohoster geht es in erster Linie darum Traffic und User/Zuschauer anzuziehen um eine gute Bewertung zu erhalten, damit sich so schöne Exit Möglichkeiten wie bei YouTube auftun.

Was den Traffic angeht haben die Fernsehsender in Deutschland nichts besonderes zu bieten. Sie schaffen trotz ihres massiven Fernsehpublikums keine größere Reichweite, als die größeren Tageszeitungen. Zuletzt versuchten deshalb sowohl RTL als auch ProSiebenSat.1 ihre Plattformen mit Werbespots zu pushen. Ob diese Rechnung aufgeht wage ich zu bezweifeln. Gleichzeitig besteht natürlich die Hoffnung, dass man über eine solche Plattform neue Zuschauer für das Programm gewinnen kann.

Das Ende der Sender im Internet

Diese Annahme wird sich als Trugschluss erweisen, denn im Internet zählt nicht mehr der Fernsehsender sondern das Format oder sogar die einzelne Sendung. Ein CBS-YouTube-Channel ist nett aber absolut überflüssig. Entweder die Inhalte waren schon zuvor auf YouTube zu sehe oder die Inhalte interessieren, das YouTube-Publikum nicht. Promotion Erfolge wie der strapazierte Saturday-Night-Live-Fall sind nicht beliebig reproduzierbar und letzten Endes zeugt ein Channel, wie der von CBS (es werden nur Promotion-Clips ausgestrahlt) höchstens von Aktionismus.

Und damit sind wir bei den Inhalten. Die Inhalte von Videohostern und Fernsehsendern passen nicht zusammen. Auf der einen Seite 30+ minütige Sendungen auf der anderen Seite Clips unter drei Minuten. Es ist durchaus möglich, dass eine Syndikation von Videohoster-Inhalten in aggregierter Form ins Fernsehen Sinn macht, aber im Endeeffekt, sind hier die Möglichkeiten schnell erschöpft. Selbst wenn auf RTL oder Sat.1 zwei/drei/viele solche Formate laufen ist das immer noch viel zu wenig um den ganzen Videos eine Plattform zu bieten.

Auf der anderen Seite ist es nicht besonders schlau, wenn Fernsehsender ihre Inhalte den Videohostern zur Verfügung stellen. Aus dem einfachen Grund, dass Videohoster die Inhalte nicht ausreichend in Geld verwandeln können.
Der momentane Boom hat dazu geführt, dass die CPMs für Videowerbung sich auf einem absoluten hoch befinden und die Nachfrage nach Werbung in Verbindung mit professionellen Videos das Angebot übersteigt. In einer solchen Situation wäre es sträflich, wenn die Sender dieses Potential nicht selbst durch Breitbandplayer und der gleichen Ausschöpfen, sondern diese Inhalte Videohostern anbieten, die nichteinmal Videowerbung schalten. In den den USA werden mittlerweile fast alle neuen Serien über entsprechende Player gestreamt.

Was bleibt den Fernsehsendern also? Meiner Meinung nach sollten sie das Potential, das in Internetvideos liegt selbst ausschöpfen. Sie brauchen keine Partnerschaft mit einem Videohoster um an die Technologie zu kommen. Eine Technologie, die von über 300 Anbietern angeboten wird ist mit dem finanziellen Mitteln eines Senders schnell beherrschbar und falls nicht, gibt es genügen White-Label-Lösungen.

Als nächstes müssen sie ihre Marke aufgeben. Prosieben oder Sat.1 sind im Internet nichts wert! In den USA können 80% der Jugendlichen (16-18) nichteinmal die vier großen Networks benennen. Deshalb müssen die Fernsehsender ihre etablierten Marken aufgeben und entweder in das Syndikationsgeschäft einsteigen, wie es NBC mit NBBC tut, oder eben eigene Plattformen schaffen, die nicht am Sender sondern an den den Inhalten ausgerichtet sind.

Partner für Videohoster

Für die Videohoster liegen die lukrativen Partner in anderen Branchen. Zum Beispiel Zeitungen, denen nichts anderes übrig bleiben wird, als ihre Internetangebote mit Videos (noch weiter) auszustatten. Zeitungen könnten den Videojournalismus ganz neu definieren und mithilfe des Geocodings, kann jeder seinen Beitrag zur Zeitungsseite leisten.
Weitere sinnvolle Kooperationen ergeben sich mit Radiosendern, die ja bereits Gema bezahlen und somit viel Spass daran haben dürften, die ganzen Lipsync-Videos auf ihren Seiten einzubinden.

Google und YouTube passen nicht zusammen!

Nur ein paar Stichworte zum Google und YouTube Deal. Zuerst sei angemerkt, dass ich durchaus daran glaube, dass Google mit YouTube viel Geld verdienen wird. Allerdings glaube ich, dass YouTube und Google allein noch besser gefahren wären.

  • Mark Cuban muss gerade viel Einstecken, weil er immer wieder gegen YouTube ins Land gezogen ist – nun steht er als Verlierer da. Dabei wird übersehen, dass er, was die Copyrightverletzungen angeht durchaus recht hat. Googel musste gerade in Belgien erfahren, wie empfindlich mache Rechteinhaber sind. Hinzu kommt Google ist für viele Rechteinhaber bereits ein rotes Tuch und mit der Akquise von YouTube dürfte sich dieser Effekt noch verstärken.
  • Google hat bereits jetzt gut an YouTube mit seinen AdSense Einblendungen verdient. Im Prinzip hätte Google lediglich ;-) eine sinnvolle Videowerbung entwickeln müssen, die YouTube einbindet und der Verdienst wäre um ein vielfaches gestiegen, ganz ohne Übernahme. Sollte Google jetzt eine solche Werbung entwickeln werden die anderen Anbieter zumindest zögern oder die Technologie ganz verwerfen.
  • YouTube hatte kein Druckmittel gegen Google in der Hand, denn momentan sind die anderen Anbieter fast nicht in der Lage ein Protal wie YouTube mit Werbung zu versorgen. Außerdem ist Google für über 10% des Traffics von YouTube verantwortlich. Das ist ein enormer Wert der schnell zu Geld gemacht werden kann, wie Google gerade am eigenen Leib erfahren musste (MySpace $900Mio Deal).
  • YouTube hat verstanden, dass es bei Videos nicht nur um das reine Betrachten geht, sondern viel mehr darum eine Community rund um die Videos aufzubauen. Google has no idea what it takes to make networks/communities productive (ie, the hypersocial, etc, etc). Deshalb wird die große Frage sein, von der der Erfolg abhängt ob YouTube Google beibringen kann, wie man ein Sozialesnetzwerk aufzieht.

Sollte es YouTube gelingen Google das Soziale zu erklären ist der Deal ein mehrfaches des Kaufpreises wert, falls nicht hat sich Google mit dem Deal ein Bein im Kerngeschäftsfeld (PPC-Videowerbung) gestellt.

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